
Sind Frauen die Gewinnerinnen der Wirtschaftskrise?
Zu einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion hatte die Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Frauen ASF im Hochtaunuskreis eingeladen. Im Raum Stierstadt
der Stadthalle Oberursel stellte Dr. Alfred Garloff vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die aktuelle Studie seines Instituts mit dem Titel Sind Frauen die Gewinnerinnen der Wirtschaftskrise? vor. Auf dem Podium saßen Ute Fritzel,
die Frauensekretärin des DGB Hessen-Thüringen, Maren Cirkel die Frauenbeauftragte der
Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau EKHN, Sabine Lorenz von der Firma Rolls Royce, Oberursel, Communication sowie Angelika Rieber Oberstudienrätin an de Ernst-Reuter-Schule, Frankfurt und Historikerin. Petra Fuhrmann, die SPD-Langtagsabgeordnete aus dem Hochtaunuskreis hatte die Moderation übernommen. Der Blätterwald rauscht stellte sie gleich zu Beginn der Veranstaltung fest. Ob Zeit, Cicero oder Bild alle Zeitungen beschäftigten sich mal wieder mit der Frauenfrage. Für die Besucherinnen der Veranstaltung waren entsprechende Artikel zur Information an Pinwänden aufgehangen. Interessante Zahlen stellte Dr. Alfred Garloff in der Studie des IAB Frauen und Männer am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in Hessen 2009 mit dem provokanten Titel Sind Frauen die Gewinnerinnen der Wirtschaftkrise? vor. Danach waren Frauen in der Wirtschaftskrise weniger von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer. Das sei der Tatsache geschuldet, so seine Erläuterung, dass jede dritte Frau nur Teilzeit arbeitet oder einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nachgeht. Viele seien in Branchen wie Dienstleistung und Pflege beschäftigt, diese Branche waren nicht so stark von der Krise betroffen wie das produzierende Gewerbe, führte er weiter aus. Führungspositionen sind weiterhin von Männer besetzte. Nur jede vierte Spitzenposition hat eine Frau inne. Und immer noch erhalten Frauen für gleiche Arbeit 28 % weniger Lohn. Frauen seien aber eindeutig die Bildungsgewinnerinnen. Gerade junge Frauen verfügten über bessere Schul- und Hochschulabschlüsse als ihre männlichen Konkurrenten. Und lägen bei Beginn ihres Berufsleben mit den Männern gleichauf. Das ändere sich nach spätestens 10 Jahren. Die Lohnlücke, die es für Frauen immer noch gibt, erklärt der Institutsleiter mit der Berufsauswahl der Frauen. Fast die Hälfte konzentriere sich bei ihrem Berufswunsch auf eine Palette von fünf, meist schlecht bezahlten und nicht karrierefreundlichen Berufen. Zum Thema Bildung und Ausbildung berichteten die Lehrerin Angelika Rieber und Sabine Lorenz von der Firma Rolls Royce, Oberursel, ausführlich von ihren vielfältigen Bemühungen junge Frauen für sogenannte MINT-Berufe zu interessieren. MINT steht für Mathematik, Ingenieur-, Naturwisssenschaften + Technik. Frauen arbeiten in der Regel mehr, bekommen aber weniger Geld, dieses Fazit zog Ute Fritzel vom DGB, während Maren Cirkel feststellte, das Frauen noch immer den Spagat zwischen Familie und Berufe bewältigten müssten. Für das Phänomen, diese unsichtbare Barriere, dass oft hoch qualifizierte Frauen beim Aufstieg innerhalb von Unternehmen oder Organisationen im mittleren Management hängen bleiben wurde bereits in den 80er Jahren der Begriff Gläserne Decke (glass ceiling) geprägt. Noch immer müsse es Aufgabe sein, überkommene Rollenmuster zu überdenken, damit Frauen nicht nur die typischen schlechten bezahlten Frauenberufe wählen und in der Teilzeit- und Niedriglohnfalle landen. Das Elterngeld sei dafür ein Weg in die richtige Richtung, da waren sich die Frauen auf dem Podium einig. Nach der Podiumsrunde diskutierten die Besucherinnen der Veranstaltung lebhaft, zum Teil auch sehr persönlich über ihre Erfahrungen am Arbeitsmarkt und ihre Versuche, Familie und Beruf zu verbinden. Das war und ist heute schwieriger denn je wurde bei der Diskussion festgestellt. Um Familien mehr Chancen einzuräumen müssten beschleunigt Einrichtungen wie Ganztageskinderkrippen, Kindergärten und Ganztagesschulen geschaffen werden, war die einhellige Meinung. Das Skandinavische Modell wurde an diesem Abend häufig zitiert. Zum Abschluss wünschte sich Petra Fuhrmann das die Schnecke Fortschritt hoffentlich bald Beine bekommt.