Stellen Sie sich vor, sie bekämen den Auftrag, Ihre Kolleginnen und Kollegen mit Firmenwagen auszustatten. Daraufhin erweben Sie für die Ihnen sympatischere Hälfte der Belegschaft schicke S-Klassen mit Massagesitzen und stellen anschließend verwundert fest, dass alles Geld aufgebraucht ist. Der Rest schaut in die Röhre. Was diese Geschichte mit dem Schulbauprogramm des Hochtaunuskreises zu tun hat? Ganz einfach: Mit ungefähr dieser Einstellung und diesem Weitblick wurde das ambitionierte Programm vom jeweiligen Landrat und der hinter ihm stehenden CDU/FPD-Mehrheit im Kreistag vollzogen: Nicht kleckern, sondern klotzen, so lautete scheinbar das Motto. Dabei muss man sich fragen, ob nicht übertragen gesprochen ein neuer Golf oder eine A-Klasse für jeden auch gereicht hätte. Oder konkret: Brauchen wir für jede Schule eigens ausgeschriebene, teure Architektenwettbewerbe, während es dem (ebenfalls CDU/FDP-regierten) Main-Taunus-Kreis gelingt, die Schulen im Kreis nach einer Art einheitlichen Baukastensystem und deutlich günstiger zu errichten. Brauchen wir schicke Glasfassaden und Parkettböden(!) im Eingangsbereich von Schulen? Stehen Baukosten von 16 Millionen Euro für eine Grundschule mit 241 Schülern in irgendeinem Verhältnis? Das sind 67.000 Euro pro Schüler. Und das während anderenorts etwa an der Neu-Anspacher Adolf-Reichwein-Schule Schüler in schimmelbefallenen provisorischen Unterrichtscontainer sitzen. Landrat und Kreistagsmehrheit haben hier vollständig versagt und den Kreis an den Rand des Bankrotts gebracht.
Der Hochtaunuskreis erhebt bei der Kreisumlage beinahe den Höchstsatz Geld, das den Kommunen für Kindergärten, Spielplätze und den Straßenbau fehlt. Dabei ist es nicht einmal ausgeschlossen, dass der Regierungspräsident die Kreisumlage Angesichts des Haushaltsdefizits auf den Höchstwert anhebt. Für die Koalition im Kreistag scheint diese Option durchaus attraktiv zu sein, schließlich kann man den Schwarzen Peter an das Regierungspräsidium schieben und sich selbst als hilfloser Beschützer der Städte und Gemeinden präsentieren, ohne echten Sparwillen beim Kreishaushalt zu zeigen. Ansatzpunkte gäbe es: So werden 741.000 Euro Mitgliedbeiträge an Organisationen und Verbände gezahlt, darunter mehr als 400.000 Euro an den Kulturfond Rhein-Main (??? Heißt der so?) und 140.000 Euro in eine Marketingorganisation, die unter anderem auf einer amerikanischen Messe jährlich für das Rhein-Main-Gebiet und den Hochtaunus als Wirtschaftsstandort wirbt. Die Zeche zahlen die Bürger und Unternehmen vor Ort: durch höhere Grund- und Gewerbesteuern, marode kommunale Straßen oder teure Kindergartenplätze, weil die Städte und Gemeinden einen viel zu großen Anteil ihrer Einnahmen als Kreisumlage abführen müssen.