Hochtaunus sozial

Der dritte Reichtums- und Armutsbericht der Evangelischen Kirche für den Hochtaunuskreis brachte zwei Dutzend engagierte Menschen in den sozialen Einrichtungen, Vereinen und Verbänden aus dem Hochtaunuskreis zu einer Gesprächsrunde „Hochtaunus – sozial“ am 15. August zusammen.
Eingeladen hatten die drei Kandidaten für die Landtags- und Bundestagswahlen, Elke Barth, Manfred Gönsch und Dr. Hans-Joachim Schabedoth sowie die neugewählte zukünftige Kreisbeigeordnete Katrin Hechler.
Bereits in der Vorstellungsrunde wurde deutlich, dass auch im nicht gerade armen Hochtaunuskreis sozial vieles nicht zum Besten steht.
Dr. Hans-Joachim Schabedoth eröffnete die Gesprächsrunde mit dem Hinweis, dass sich hier sozusagen die soziale Verzahnung der SPD aller politischen Ebenen vollziehe und diese Veranstaltung nur eine in einer Serie darstelle. Man wolle den Kontakt aufrechterhalten und zu den Verbänden und denen, die dort arbeiteten intensivieren.
.Aus den Reihen der Verbände kamen zahlreiche Anregungen an die Politik. Darunter waren Appelle, die Finanzmittelkürzungen der schwarz-gelben Landesregierung zurückzunehmen und für eine ausreichende Ausstattung zu sorgen – insbesondere da, wo Institutionen gesetzliche Aufgaben wahr nähmen wie z.B. pro familia.
Ebenso waren die Gesprächskultur und der zum Teil schlechte Umgang mit Hilfesuchenden ein großes Thema. Ein Teilnehmer sprach da von „Unkultur“ durch Angestellte in den Verwaltungen. Diese seien nicht Bittsteller, sondern Antragsteller mit berechtigten Interessen und Ansprüchen. Waldemar Schütze (SPD), Ombudsmann des Hochtaunuskreises, brachte es auf den Punkt: “Mit meiner Arbeit setze ich mich dafür ein, dass geltendes Recht umgesetzt wird – nicht mehr und nicht weniger!“ Und er fügte unter Zustimmung der Anwesenden und mit Blick auf die anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen hinzu: „ Da wo geltendes Recht an seine Grenzen stößt, muss Politik neue Bedingungen schaffen!“ Dies äußerte der Ombudsmann insbesondere im Hinblick darauf, dass es im Hochtaunuskreis viele Menschen gibt, die voll berufstätig sind, aber trotzdem davon nicht leben können und zusätzliche Leistungen benötigen. Hier gab es eine deutliche Forderung von vielen Teilnehmern der Gesprächsrunde: Ein echter Mindestlohn wird gebraucht!
Manfred Gönsch stellte die geplanten Änderungen in der Kreisverwaltung vor und betonte, dass man mit der Umzug des Job Center und der Einrichtung eines Eingangsportals sich eine deutliche Verbesserung für die Hilfesuchenden verspricht.
Die Problematik des kaum bezahlbaren Wohnungsraum und des fehlenden sozialen Wohnungsbaus wurde lange diskutiert. Hier muss die neue Bundes- und Landesregierung deutliche Abhilfe schaffen. Weitere Kritik entzündete sich an den zu niedrig festgelegten Mietobergrenzen für Sozialhilfeempfänger, was dazu führe, dass kaum geeigneter Wohnraum gefunden würde und eine Verdrängung Sozial Schwacher einträte.
Die seither geübte Praxis an Flüchtlingen wurde ebenso moniert. Hier hat ein Teilnehmer auf ein erfolgreiches Modell aus Hersfeld-Rothenburg. Hier werden sofort den Flüchtlingen wohnortnah Sprachkurse angeboten. Auch die späte Gewährung von Arbeitsaufnahme – oftmals erst bis zu drei Jahren nach Ankunft in ganz Deutschland – sei kontraproduktiv und erhöhe die Kosten für Flüchtlinge unnötig. Der organisierte Migrantentourismus aus EU-Staaten wie Rumänien oder Bulgarien wurde ebenfalls verurteilt. Hier nutzten ganze Clans die unwissenden Migranten so lange aus, bis sie hochverschuldet dastünden; ein Problem, das so eine Teilnehmerin – offenbar noch nicht bei der Politik angekommen sei.
Immer mehr Menschen mit Behinderung werden älter, die weiter betreut werden müssten. Auch dies ist ein neues Aufgabenfeld, das Lösungen braucht.
Fünfundzwanzig Punkte, so Katrin Hechler, habe sie am Ende der zweistündigen Debatte mitgenommen. Elke Barth fasste einige der Aufgabenschwerpunkte zusammen: Wiederintensivierung des Sozialen Wohnungsbaus, ggf. eine feste Quote für Neubaugebiete, Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe; Änderung der Prioritätensetzung beim Bildungsauftrag, zu dem auch die Arbeit in den Kitas gehöre mit Hinweis auf NRW und Rheinland-Pfalz, wo nach dem Regierungswechsel ein Umschwenken stattgefunden habe – auch bei der wieder auskömmlichen Finanzierung der Kommunen; ein anderer „Geist“ in den Verwaltungen den Hilfesuchenden gegenüber.
All dies ein Berg von – bei gutem Willen und festem Mut – schweren Aufgaben bei der Gewissheit, nach dem Regierungswechsel in Wiesbaden nicht in irgendeiner Ecke einen großen Sack Geld zu finden.
Dr. Hans-Joachim Schabedoth fasste es am Schluss mit einem Satz zusammen: „Wenn es einfach gewesen wäre, hätten es ja auch die anderen machen können!“